Steuerwissen Aktuelles
April 2025
Rechtsänderungen
1. Umsatzsteuer: Kleinunternehmerregelung im EU-Ausland
Unternehmer sind ab 2025 Kleinunternehmer, wenn ihre Umsätze ohne Umsatzsteuer im Vorjahr 25.000 €
und im laufenden Jahr 100.000 € nicht übersteigen. Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer abführen und haben keinen Vorsteuerabzug. Auf ihren Rechnungen dürfen sie keine Umsatzsteuer ausweisen,
müssen jedoch darauf hinweisen, dass ihre Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Ein umgangssprachlicher Hinweis genügt, z.B. „steuerfreier Kleinunternehmer“.
Seit 2025 können deutsche Unternehmer, die im EU-Ausland Umsätze erzielen, die Kleinunternehmerregelungen anderer EU-Staaten anwenden. Umgekehrt können auch ausländische EU-Unternehmer die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen. Möchte ein deutscher Unternehmer die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat für seine dort erzielten Umsätze in Anspruch nehmen,
muss er die Teilnahme an einem besonderen Meldeverfahren für Kleinunternehmer beim Bundeszentralamt
für Steuern (BZSt) beantragen.
Voraussetzung ist, dass der EU-weit erzielte Umsatz des Unternehmers sowohl im Vorjahr als auch im laufenden Jahr 100.000 € nicht übersteigt und die Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmerregelung des betroffenen Mitgliedstaats eingehalten werden. Das BZSt erteilt dem Unternehmer eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (KU-IdNr.) mit dem Zusatz „EX“ für EU-Ausland. Nur mit dieser Nummer kann der
Unternehmer die Kleinunternehmerregelung im ausländischen EU-Mitgliedstaat nutzen.
Unternehmer, die am besonderen Meldeverfahren für Kleinunternehmer teilnehmen, müssen innerhalb
eines Monats nach Ablauf des Kalendervierteljahrs ihre Quartalsumsätze in allen EU-Mitgliedstaaten beim
BZSt melden. Überschreitet der EU-weite Jahresumsatz des Unternehmers die Grenze von 100.000 €, ist
dies innerhalb von 15 Werktagen elektronisch beim BZSt anzuzeigen. Die KU-IdNr. wird auf den Zeitpunkt
der Überschreitung deaktiviert, wodurch die Teilnahme am besonderen Besteuerungsverfahren endet.
2. Umsatzsteuer: Durchschnittssätze bei Landwirten
Bei Land- und Forstwirten mit einem Gesamtumsatz im Vorjahr bis 600.000 € wird die Umsatzsteuer nach Durchschnittssätzen berechnet. Dabei werden die Umsatzsteuer sowie die abziehbare Vorsteuer als Vorsteuerpauschale grundsätzlich gleich hoch festgesetzt, sodass keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss. Der Durchschnittssatz und die Vorsteuerpauschale für landwirtschaftliche Umsätze wurden erneut gesenkt und betragen seit 2025 7,8 v.H., nachdem sie vom 6. Dezember 2024 bis zum Jahreswechsel bei 8,4 v.H. lagen. Auf die Durchschnittssatzbesteuerung kann bis 10. Januar des Folgejahrs verzichtet werden, z.B. um die Vorsteuer aus größeren Investitionen abziehen zu können.
3. Erbfallkosten bei der Erbschaftsteuer
Zu den Erbfallkosten zählen neben den Kosten für Beerdigung, Todesanzeigen, ein angemessenes Grabmal
und Grabpflege auch die Kosten der Erbschaftsteuererklärung sowie alle Aufwendungen, die unmittelbar
zusammenhängen mit der Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses, z.B. Anwaltskosten bei
Erbstreitigkeiten. Wurden keine höheren Kosten nachgewiesen, konnten bisher pauschal 10.300 € als
Erbfallkosten angesetzt werden.
Dieser Pauschbetrag wurde für Sterbefälle ab 1. Januar 2025 auf 15.000 € erhöht.
Ertragsteuern
1. Nachweis von Krankheitskosten
Nicht erstattete Krankheitskosten, z.B. für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, können als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden, wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist und die
Kosten die zumutbare Belastung, die der Patient selbst tragen muss, übersteigen. Die medizinische Notwendigkeit muss bislang nachgewiesen werden durch ein Rezept eines Arztes oder Heilpraktikers. Bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden ist ein amtsärztliches Gutachten erforderlich, das
vor Behandlungsbeginn erstellt wurde.
Seit Einführung des E-Rezepts muss der Nachweis bei Kassenpatienten mit dem Kassenbeleg der Apotheke
oder mit der Rechnung einer Online-Apotheke geführt werden. Kassenbeleg und Rechnung müssen den
Namen des Patienten, die Art der Leistung, z.B. das verschriebene Arzneimittel, den Rechnungsbetrag sowie die Art des Rezepts enthalten. Für das Jahr 2024 beanstandet es das Finanzamt nicht, wenn der Name
des Patienten auf dem Kassenbeleg fehlt.
2. Fahrtkosten auf einer Dienstreise
Arbeitnehmer können bei beruflichen Dienstreisen, z.B. zu einem Kunden oder zu einer Fortbildungsveranstaltung, die tatsächlichen Fahrtkosten als Werbungskosten abziehen oder pauschal 0,30 € pro gefahrenem
Kilometer bei Fahrten mit dem eigenen Pkw. Soweit der Arbeitgeber die Fahrtkosten erstattet, verringert
sich der Werbungskostenabzug.
Will der Arbeitnehmer die tatsächlichen Kosten seines eigenen Pkws ansetzen, wird aus den nachgewiesenen Kfz-Kosten und den insgesamt gefahrenen Kilometern ein individueller Kilometersatz berechnet. Berücksichtigt werden z.B. Kosten für Treibstoff, Kfz-Steuer und -Versicherung, Wartung und laufende Reparaturen, Garagenmiete und die jährliche Abschreibung des Fahrzeugs bzw. die Leasingraten bei einem geleasten Pkw, nicht jedoch Parkgebühren und Bußgelder sowie Maut- und Fährgebühren.
Die Kosten sind für einen Zeitraum von 12 Monaten mit Belegen nachzuweisen. Der daraus ermittelte Kilometersatz kann dann so lange angesetzt werden, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern, z.B. wenn die
Abschreibung nach Ende der 6-jährigen Nutzungsdauer wegfällt.
Eine Leasingsonderzahlung, die zu Beginn eines Leasingvertrags fällig ist, gehört nach bisheriger Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzverwaltung in voller Höhe im Jahr der Zahlung zu den Kfz-Kosten. Sie erhöht damit den individuellen Kilometersatz, der dann grundsätzlich auch in den Folgejahren
angesetzt werden kann. In einem aktuellen Urteil hat der BFH nun seine Rechtsprechung geändert.
Die Leasingsonderzahlung könne nur auf die Laufzeit des Leasingvertrags verteilt als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dasselbe gelte für Zahlungen, die Zusatzleistungen zum Leasingvertrag betreffen,
z.B. für einen Wartungsservice. Durch die Verteilung verringern sich der Kilometersatz und der Werbungskostenabzug für die beruflichen Fahrten. Dieselbe Auffassung hat der BFH bereits hinsichtlich des Abzugs
von Fahrtkosten als Betriebsausgaben vertreten. Wird ein privates Fahrzeug auch für betriebliche Fahrten
genutzt, könne eine Leasingsonderzahlung ebenfalls nur verteilt über die Laufzeit des Leasingvertrags als
Betriebsausgabe abgezogen werden. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Zum
Abzug von Fahrtkosten bei Arbeitnehmern steht eine Reaktion der Finanzverwaltung auf die geänderte
Rechtsprechung des BFH noch aus.
3. Fahrtkosten eines Studenten
Die Kosten eines Studiums, z.B. Fahrtkosten zur Universität oder Unterkunftskosten am Studienort, sind
entweder bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 € als Sonderausgaben abzugsfähig oder, falls es sich um ein
Zweitstudium handelt, ohne Obergrenze als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Ein Zweitstudium ist jedes Studium nach einem abgeschlossenen Erststudium, z.B. ein Masterstudium,
oder nach einer abgeschlossenen nicht akademischen Berufsausbildung, z.B. Bachelorstudium nach einer
kaufmännischen Lehre.
Wieviel Fahrtkosten abgezogen werden können, hängt davon ab, ob es sich um ein Vollzeit- oder Teilzeitstudium handelt. Bei einem Vollzeitstudium außerhalb eines Dienstverhältnisses ist die Universität oder
Hochschule die erste Tätigkeitsstätte des Studenten. Die Fahrtkosten können in diesem Fall nur mit der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer bzw. 0,38 € ab dem
21. Kilometer angesetzt werden. Der Abzug der tatsächlichen höheren Kosten ist nur bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zulässig. Bei einem Teilzeitstudium und bei einem Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses, z.B. an der Dualen Hochschule, können dagegen die tatsächlichen Fahrtkosten abgezogen
werden mit einem individuellen Kilometersatz oder pauschal 0,30 € pro gefahrenem Kilometer bei Fahrten
mit dem eigenen Pkw (vgl. Tz. B.2.).
Laut Bundesfinanzhof (BFH) liegt ein Vollzeitstudium vor, wenn das Studium mit Vor- und Nachbereitung
der Vorlesungen einen zeitlichen Umfang von etwa 40 Wochenstunden erfordert oder wenn pro Semester
im Durchschnitt 30 ECTS-Leistungspunkte vergeben werden. Ob und in welchem Umfang der Student neben dem Studium erwerbstätig ist, ist laut BFH unerheblich.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt ein Vollzeitstudium vor, wenn der Student neben dem Studium
entweder keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder im Durchschnitt bis höchstens 20 Wochenstunden arbeitet. Ob sich die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH anschließt, ist noch offen.
Beispiel: Ein Student, der neben seinem Masterstudium nicht arbeitet, hat sich für Vorlesungen eingeschrieben, die einen Zeitumfang von 20 Wochenstunden erfordern. Laut Finanzverwaltung handelt es sich mangels Erwerbstätigkeit um ein Vollzeitstudium, d.h. der Student kann für die Fahrten zur Universität nur die
Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen. Laut BFH liegt ein Teilzeitstudium vor, denn der notwendige Zeitumfang für das Studium unterschreitet 40 Wochenstunden. Der Student kann die tatsächlichen Fahrtkosten oder pauschal 0,30 € pro gefahrenem Kilometer geltend machen.
4. Lohnerhöhung nach Inflationsausgleichsprämie
Arbeitgeber konnten ihren Arbeitnehmern zwischen 26. Oktober 2022 und 31. Dezember 2024 eine steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 3.000 € pro Dienstverhältnis zukommen lassen. Voraussetzung für die Befreiung war, dass die Prämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten
Arbeitslohn ausbezahlt wurde. Wird der Arbeitslohn in eine Prämie umgewandelt oder wird der Lohn nach
deren Wegfall erhöht, ist die Prämie laut Einkommensteuergesetz steuer- und sozialversicherungspflichtig.
Eine Lohnerhöhung nach Wegfall der Prämie ist laut Finanzverwaltung jedoch unschädlich, wenn sie nicht
zusammen mit der Prämie vereinbart wurde.
Diese Verwaltungsauffassung dürfte für alle Leistungen an Arbeitnehmer gelten, die nur steuerfrei sind,
wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, z.B. Kindergartenzuschüsse,
Gutscheine bis 50 €, Jobtickets und die Überlassung von Firmenfahrrädern zur privaten Nutzung. In diesen
Fällen sollte eine Lohnerhöhung nach Wegfall der Leistungen nicht schaden, wenn die Lohnerhöhung Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung ist.
Sonstiges
1. Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen
Schul- und Bildungsleistungen von privaten Schulen und allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen sind ab 2025 umsatzsteuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Einrichtung Schul- oder Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringt (vgl. Hinweise zum Jahreswechsel 2024/2025 A.2.). Bisher musste bescheinigt werden, dass die Schule usw. auf einen Beruf oder eine Prüfung vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorbereitet. Trotz des neuen Wortlauts der Bescheinigung geht die Finanzverwaltung davon aus, dass sich an den Voraussetzungen der Befreiung inhaltlich nichts geändert hat. Bereits erteilte Bescheinigungen sind deshalb auch weiterhin gültig.
2. Schenkungsteuer bei niedrig verzinslichen Darlehen
Eine steuerpflichtige Schenkung liegt nicht nur vor, wenn Geld- oder Sachvermögen zugewendet wird, sondern auch, wenn ein wiederkehrender Vorteil gewährt wird, z.B. durch verbilligte Vermietung einer Wohnung oder Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens.
In einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ging es um ein Darlehen unter Geschwistern. Die
Schwester hatte dem Bruder auf unbestimmte Zeit ein tilgungsfreies Darlehen von fast 2 Mio € gewährt für
1 v.H. Jahreszins. Laut BFH spielt es keine Rolle, ob die Schwester in der damaligen Niedrigzinsphase anderweitig einen höheren Zins hätte erzielen können. Für das Vorliegen einer Schenkung genüge es, wenn den
Geschwistern bewusst sein musste, dass der Bruder zu diesem Zinssatz keinen Bankkredit erhalten hätte.
Die ersparten Zinsen seien somit eine Schenkung der Schwester an den Bruder.
Umstritten war auch die Höhe des Zinsvorteils. Das Finanzamt ging vom gesetzlichen Zinssatz von 5,5 v.H.
aus, sodass der jährliche Zinsvorteil 4,5 v.H. der Darlehenssumme betragen hätte. Daraus ergab sich über
die Laufzeit des Darlehens eine Schenkungsteuer von ca. 230.000 €. Gesetzlich sind jedoch nur dann
5,5 v.H. zugrunde zu legen, wenn kein anderer Zins feststeht. Der Beschenkte kann einen niedrigeren
Marktzins nachweisen durch Vergleichsangebote seiner Hausbank oder anderer Banken. Hilfsweise lässt
sich ein von der Deutschen Bundesbank veröffentlichter Vergleichszins heranziehen. In dem vom BFH entschiedenen Fall lag der Vergleichszins bei 2,81 v.H. Somit betrug der Zinsvorteil lediglich 1,81 v.H. statt
4,5 v.H., sodass sich die Schenkungsteuer auf ca. 60.000 € verminderte.
3. Schenkung eines Betriebs mit Grundstück
Bei Betriebsschenkungen ist das begünstigte Vermögen regelmäßig zu 85 v.H. von der Schenkungsteuer befreit. Wird das Unternehmen auf eigenem Gelände betrieben, umfasst die Befreiung grundsätzlich auch das Betriebsgrundstück, jedoch nur, wenn das Grundstück gleichzeitig mit dem Betrieb geschenkt wird. Laut Finanzgericht München (FG) genügt es dabei nicht, dass die Übertragung von Betrieb und Grundstück im selben Notarvertrag geregelt wird. Meist wird im Notarvertrag ein bestimmter Termin für die Betriebsübergabe festgesetzt, z.B. der 1. Tag des Folgemonats. Für das Betriebsgrundstück wird jedoch oftmals nur die Auflassung und die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch erklärt, ohne dass hierfür ein bestimmter Zeitpunkt vereinbart wird. In diesem Fall wird das Grundstück bereits am Tag des Notartermins geschenkt, der Betrieb jedoch erst zum vereinbarten Termin einige Zeit später. Das FG hat entschieden, dass die Schenkung des Betriebsgrundstücks in diesem Fall nicht begünstigt ist. Zwar ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig, weil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt wurde. Solange nicht feststeht, wie dieser entscheidet, sollte aber darauf geachtet werden, dass entsprechende Notarverträge eine Regelung enthalten, nach der die Eintragungsbewilligung erst zum Zeitpunkt der Betriebsübertragung wirksam wird.
4. Bundesgerichtshof zu Negativzinsen
Zwischen 2014 und 2022 mussten deutsche Banken für ihre Guthaben bei der Deutschen Bundesbank
„Verwahrentgelte“ oder „negative Zinsen“ bezahlen. Diese Belastungen haben die Banken an ihre Kunden
weitergegeben.
In mehreren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Vertragsklauseln über Verwahrentgelte
zwischen Banken und Verbrauchern als rechtswidrig beurteilt. Die vom BGH beanstandeten Vertragsklauseln wurden aber auch gegenüber Unternehmern verwendet. Deshalb können alle Bankkunden die von
ihnen bezahlten Negativzinsen von ihrer Bank zurückfordern. Die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt erst mit
Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Gläubiger Kenntnis vom Anspruch erlangt. Die Bankkunden haben
erst 2025 durch die BGH-Urteile von ihrem Anspruch erfahren und können deshalb regelmäßig bis
31. Dezember 2028 Rückforderungsansprüche geltend machen. Zu empfehlen ist eine schriftliche Auflistung der bezahlten Verwahrentgelte, verbunden mit der Aufforderung an die Bank zur Erstattung aufgrund
der BGH-Rechtsprechung.
5. Sozialversicherungspflicht von selbständigen Lehrern
Das Bundessozialgericht (BSG) hat 2022 im Fall einer Lehrerin an einer Musikschule entschieden, dass die
Lehrerin eine nicht selbständige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt, da sie persönlich zur
Arbeitsleistung während bestimmter Zeiten in den Räumen der Musikschule verpflichtet war. Außerdem
musste sie Schülervorspiele ausrichten und an Lehrerkonferenzen teilnehmen. Laut Honorarvertrag mit der
Musikschule war die Lehrerin selbständig beschäftigt. Sie hatte weder Anspruch auf Urlaub oder einen Zuschuss der Schule zur Altersversorgung noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das BSG fordert für
die Anerkennung einer selbständigen Lehrtätigkeit jedoch, dass der Lehrer unternehmerische Chancen nutzen kann, z.B. durch selbständige Organisation und Abrechnung des Unterrichts, und beurteilte die Lehrerin als sozialversicherungspflichtige Scheinselbständige.
Damit sind selbständige Lehrer grundsätzlich versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung
mit Anspruch auf Arbeitgeberanteile. Schulen müssen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile für ihre Lehrer
rückwirkend ab 1. Juli 2023 abführen. Eine Rückforderung der Arbeitnehmeranteile vom Lehrer ist nur
möglich durch Lohnabzug bei den nächsten drei Gehaltszahlungen.
Sind Schule und Lehrer bisher übereinstimmend von einer Selbständigkeit ausgegangen, beginnt die Versicherungs- und Beitragspflicht nach einer neu geschaffenen Übergangsregelung erst am 1. Januar 2027,
wenn der Lehrer dem späteren Beginn zustimmt.
6. Künstlersozialabgabe
Unternehmer in Branchen, die typischerweise selbständige Künstler oder Publizisten beschäftigen, z.B. Verlage, Theater und Werbeagenturen, sind zur Abführung von Künstlersozialabgabe verpflichtet. Auch alle
anderen Unternehmer müssen Künstlersozialabgabe anmelden und abführen, wenn sie selbständige Künstler oder Publizisten für Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit beauftragen. Dabei kommt es nicht darauf an,
ob Künstler und Publizisten regelmäßig oder nur gelegentlich beschäftigt werden. Bis zu einer jährlichen
Bagatellgrenze fällt keine Künstlersozialabgabe an. Diese wurde zum 1. Januar 2025 von 450 € auf 700 €
angehoben; ab 2026 beträgt sie 1.000 €. Wer also 2025 nicht mehr als 700 € Nettohonorar an selbständige
Künstler und Publizisten zahlt, ist von der Abgabe befreit. Als Künstler und Publizisten gelten nicht nur Musiker und Journalisten, sondern auch Webdesigner, Werbefachleute und Influencer. Beauftragt etwa ein
Rechtsanwalt einen selbständigen Webdesigner mit der Neugestaltung seiner Kanzlei-Website oder ein
Sportartikelhersteller eine Influencerin mit Werbevideos, fällt bei Überschreiten der Bagatellgrenze Künstlersozialabgabe an in Höhe von 5 v.H. des bezahlten Entgelts.
Die Künstlersozialabgabe ist bis 31. März des Folgejahrs bei der Künstlersozialkasse anzumelden.